Mitten in der Prignitz und mitten in dem kleinen Ort Krams steht unter prächtigen Linden ein kleiner Glockenturm. Mit ihm hat es eine besondere Bewandtnis – denn Krams hatte nie eine Kirche. Sonntags ging man über einen Feldweg zum Gottesdienst in das Nachbardorf Vettin.
Aber der Gutsbesitzer Wille hatte in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts den Wunsch, auch in Krams Glocken läuten zu hören. Er wollte mit dem „Feierabendläuten“ seine Gutsarbeiter abends vom Feld rufen, und dass auch bei Taufen oder Hochzeiten in Krams die Glocken klingen.
Deshalb stellte er ein Grundstück an seiner Gutsmauer für den Bau des Glockenturms zur Verfügung. Am 24. Mai 1925 wurde unter Mithilfe und im Beisein aller Kramser der Glockenturm, in dem zwei Stahlglocken aus Apolda Platz fanden, eingeweiht. Er ist einer der wenigen, in Stein ausgeführten weltlichen Glockentürme in Brandenburg und prägt das Ortsbild.
Im Jahr 2023 hat sich eine Interessengemeinschaft Glockenturm Krams gegründet, die zusammen mit dem jetzigen Besitzer denkmalpflegerische Instandhaltungsarbeiten ausführen lassen will und einen großen 100jährigen Geburtstag des Turmes im Jahr 2025 vorbereitet. So werden auch in Zukunft die beiden Glocken erklingen, zu freudigen und manchmal auch traurigen Anlässen.
Eine „Läuteordnung“ wird beraten und festgelegt, die alle Anlässe zum Läuten bestimmt. Ehrenamtlich werden die Kramserinnen und Kramser an den Glockenseilen ziehen, denn an eine Motorisierung des Geläuts ist nicht gedacht.
Menschen sollen Menschen beim Läuten treffen, miteinander reden und die Gedanken in die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft schweifen lassen.
Der Bau des Turms war dem Bauunternehmer Wilhelm Schwarz übertragen worden. Den Platz für den Turm stellte das Gut kostenlos zur Verfügung. Die sonst noch benötigten Mittel wurden von der Gemeinde und der Gutsverwaltung gemeinsam aufgebraucht. Das Konsistorium bewilligte nachträglich noch eine Beihilfe von 1000 RM. In der Gemeinde wurden die Kosten durch eine Umlage nach dem Grundbesitz aufgebracht. Gemeindemitglieder ohne Grundbesitz beteiligten sich mit einem freiwilligen Beitrage. Der Anteil des Gutes wurde von der Gutsverwaltung allein aufgebracht.
Am Dienstag, den 19. Mai 1925 kamen die Glocken nachmittags drei Uhr in Krams an. Ein Gutsfuhrwerk holte sie vom Bahnhof Glöwen ab. Bei der Ankunft fand am Denkmal eine kleine Feier statt. Kirchenälteste, Gemeindevorsteher, Gutsverwalter Oberstleutnant Wille, Gemeindemitglieder, Lehrer und Schüler waren zugegen. Die Kinder sangen Glockenlieder, z.B. „Glocke, du klingst fröhlich“ – und sagten einige Gedichte. In einer Ansprache wies ich hin auf die Bedeutung dieser Ereignisse für Krams und erläuterte auch die Bedeutung des Glockenrufes im Menschenleben.
Die Einweihung des Turm und der Glocken, von denen die eine neun Zentner - die andere sechs Zentner wiegt, erfolgte am Sonntag, den 24. Mai 1925 in einem besonderen Festgottesdienst, an dem wohl alle Einwohner von Krams teilnahmen. Pfarrer Langhoff hielt die Festpredigt über die Inschriften der Glocken, davon besonders über: „Land, Land, höre des Herrn Wort“.
Der Gottesdienst wurde auf der Dorfstraße vor dem Turm abgehalten. Es war die erste kirchliche Handlung, zu der in Krams die Glocken gerufen hatten. Am Abend zuvor, nach vollendetem Einbau der Glocken durch einen Vertreter der Lieferfirma, waren beim Probeläuten überhaupt zum erstenmal Glocken über Krams erklungen.
Ein Familienabend im Lewischen Gasthof vereinigte am Sonntag Abend noch einmal alle Kramser, um das bedeutsame Ereignis gebührend zu feiern und zu würdigen. Selbstverständlich standen die Glocken mit ihrer Beziehung zum Menschenleben im Mittelpunkt der Feier. Gesänge der Schulkinder, Gedichtvorträge der Jugendlichen, Ansprache des Lehrers, die Darstellung lebender Bilder nach Schillers – Lied von der Glocke – und Ludwig Richter‘schem Vorbild füllten den wohlgelungenen Abend aus.
Möchten die Glocken mehr zu frohen Stunden, als aus ernstem, traurigen Anlaß die Gemeinde zusammenrufen.